Die 3 nützlichsten Analogien

Was ist Unternehmenskultur?

Was haben der Urwald, ein Brett-Spiel und ein Schatten gemeinsam?
Dies ist Bild, dass für den Inhalt des Artikels "Einfach machen – ein kindlicher Ratschlag?" von Mark Poppenborg steht.
Mark Poppenborg
Einfach machen – ein kindlicher Ratschlag?
Die geheime Superkraft von Unternehmenskultur
Lars Vollmer
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Familiäre Kultur
Lars Vollmer
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Das Problem mit den Kick-Off Veranstaltungen
Change und Intervention - Hand nimmt ein Baustein weg und verändert dadurch das Bild.
Lars Vollmer
So solltest Du Change betreiben

„Ich werde wahnsinnig. Hier denkt keiner mit. Alle machen Dienst nach Vorschrift. Wir brauchen dringend eine Kulturveränderung“, beklagt sich der neue Abteilungsleiter bei seinen Kollegen in der Montagsrunde.

Auch in jedem amtlichen Change-Prozess kommt die Unternehmenskultur – und wie diese zu gestalten ist – auf die Bühne.

Ob Manager oder Berater – jeder spricht davon. Aber was genau ist das denn: Unternehmenskultur? Irgendwie rinnt sie uns immer durch die Finger, wenn wir sie erklären – oder wenn wir sie gar „in Angriff nehmen“ wollen.

Bei schwer verständlichen Zusammenhängen helfen meist Analogien. Diese können die Zusammenhänge natürlich nie hundertprozentig abbilden. Aber durch die Übertragung in andere Welten, fällt das Verständnis für die Wirkungsweisen in der Regel leichter.

Und so habe ich mal die drei Analogien zusammengestellt, die ich für am geeignetsten halten.

1.  Unternehmenskultur als Pfad im Urwald

Stellen wir uns einen unberührten Urwald vor. Bei der ersten Begegnung sind zugleich keine und alle Wege denkbar. Niemand weiß, was passieren wird. Plötzlich beginnt jemand, sich mit der Machete einen Weg durch das Dickicht zu schlagen – und es entsteht der erste Pfad. Möglicherweise ist dieser für den Nachfolger schon prägend. Aber vielleicht wählt er auch einen anderen.

Irgendwann bilden sich Pfade heraus, die besonders gut ausgetreten sind. Auf diesen breiten Pfaden wandert man dann mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit, als auf den selten oder noch nie begangenen Schneisen. Und von diesen bewährten Wegen wird nicht – oder nur mit sehr kleiner Wahrscheinlichkeit – abgewichen.

„Nee. Lieber nicht.“

Sollte sich jemand also hinstellen und dazu appellieren, andere Wege zu nutzen – Wege, die angeblich kürzer sind – so wird das wahrscheinlich niemand beherzigen. Zu groß ist das Risiko.

Die Unternehmenskultur ist so ähnlich wie der ausgetretene Pfad im Urwald. Sie wirkt wie ein Kraftfeld auf das Verhalten der Mitarbeiter. Wenn man neu im Unternehmen ist, weiß man schnell, wo es lang geht. Ideen für neue Pfade – und mögen sie auch noch so wertvollen Proviant oder verlockende Schlafstellen versprechen – haben es schwer. Denn sie würden das Durchkämpfen eines verwachsenen Waldes erfordern.

Das Bestechende an dieser Analogie:

  • Sie verdeutlicht, wie Unternehmenskultur entsteht: Man macht sie nicht, sondern sie entwickelt sich.
  • Sie zeigt, wie einzelne Personen nur selten einen Einfluss auf die Kultur haben. Die Massen bewegen sich stets auf den ausgetretenen Pfaden. Der Einzelne wird damit sofort zum Außenseiter und kann nichts Wesentliches bewirken.
  • Sie zeigt, wie stabil eine Kultur in einem einigermaßen großen sozialen System ist. Wenn erst einmal eine Straße durch den Wald gebaut ist, auf der kontinuierlich viele, viele Menschen wandern, dann wird kaum noch jemand einen neuen Pfad einschlagen, auch wenn er möglicherweise kürzer oder vielversprechender ist.

Die Schwäche dieser Analogie:

  • Es könnte sich doch ein Machbarkeitsgedanke einschleichen. Vielleicht schicke ich einen Traktor in den Wald und schlage willentlich eine neue Schneise – bequem und breit, auf der die Mannschaft direkt loslaufen könnte. Genauso funktioniert es aber nicht. Unternehmenskulturen reagieren zwar auf äußere Reize – aber eben nie so, wie man es sich wünscht. Und wenn, dann nur zufällig.
  • Wenn ich etwas ändern will, dann geht das nur über eine Veränderung der Verhältnisse. Im Urwald könnte das bedeuten, die Wanderer mit Kompassen auszustatten. Vielleicht würden sie dann neue Wege suchen. Vielleicht aber auch nicht.

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2.  Unternehmenskultur als Brettspiel-Regel

Brettspiele sind eine beliebte Analogie unter Systemtheoretikern (siehe dazu auch unseren Blogpost zum Thema „Systemtheorie“).

Der Kern: Das Schachspiel ist das Spiel. Die Menschen sind NICHT das Spiel. Sie spielen ausschließlich nach den bestehenden Spielregeln.

Ohne die Spieler kann das Spiel zwar nicht gespielt werden, aber die Spieler sind eben nicht die Autoren des Spiels. Das Drehbuch gibt’s schon. Die Regeln sind klar.

Und beteiligt ist immer nur ein kleiner Teil der Person – die Rolle nämlich, in die sie als Spieler A oder B schlüpft. Und diese Rolle ist bereits komplett vom Spiel konstruiert. Das heißt, unser Schachspieler sucht sich nicht beliebig aus, wie er die Figur setzt, sondern die Zugmöglichkeiten sind stark eingeschränkt. Und der Turm geht nun mal nur geradeaus.

Heißt fürs Unternehmen: Menschen sind NICHT das Unternehmen. Sie spielen ausschließlich eine Rolle – nach den Regeln, die das System „Unternehmen“ vorgibt.

„Wir sind nur die Randfigur’n …“

Die beteiligten Personen sind Konstruktionen des Sozialsystems. Sie agieren in einer bestimmten Rolle – sagen wir in der Rolle des Vertrieblers oder Einkäufers.  Und sie agieren nach den herrschenden Regeln.

Diese kulturellen Regeln gestalten den Handlungsrahmen und reduzieren dabei das Mögliche auf das Wahrscheinliche. Sie geben vor, wie man sich kleidet, welche Dienstwege einzuhalten sind und welcher Umgangston gepflegt wird.

Diese Regeln werden nicht nach Belieben eingebracht, sondern sie sind durch die Vergangenheit bestimmt. Die Kultur im Unternehmen sammelt alle bisherigen Entscheidungen. Sie ist das Regel-Gedächtnis.

Das Bestechende dieser Analogie:

  • Sie zeigt: Die Mitarbeiter eines Unternehmens sind nicht das Unternehmen. Sie spielen nur das Spiel mit, das im Unternehmen gespielt wird. Das Unternehmen braucht zwar Menschen, damit gespielt wird, aber diese sind zu einem gewissen Grad austauschbar, insbesondere bei geringer Umwelt-Dynamik.
  • Sie zeigt: Die Mitarbeiter können sich die Regeln nicht aussuchen. Sie sind bereits vorhanden.
  • Sie zeigt: Die Mitarbeiter sind für das Spiel nicht als ganzer Mensch von Interesse, sondern nur in ihrer Rolle, die das Spiel konstruiert hat.
  • Sie zeigt: Nicht nur Rollen sind im Spiel verankert, sondern hier werden sogar ganze Charaktere konstruiert. So ist der Chef schnell ein Arschloch – nur weil er sich an die existierende Spielregel „Ich Chef, Du nichts“ hält.

Die Schwäche der Analogie:

  • Es wird nicht deutlich, dass die Mitarbeiter das Spiel zwar nicht machen und die Regeln nicht zielgerichtet ändern können, dass sie sich aber über die Zeit hinweg sehr wohl ihre eigenen Spielregeln einhandeln können. Unbewusst. Einfach, weil es sich im Alltag bewährt. Diese Option gibt ein Brettspiel nicht wieder.

3.  Unternehmenskultur als Schatten

Ein Schatten folgt immer seinem Spender. Ob man nun will oder nicht. Man kann dem Schatten keine Anweisung erteilen. Oder sich seine konkrete Form wünschen. Er ist so, wie er eben ist. Er ist immer das Ergebnis der Verhältnisse.

So ist das auch bei der Unternehmenskultur. Auch sie ist, wie sie ist. Sie folgt immer den Verhältnissen der Organisation.

Immer hinten dran.

Kultur ist damit nicht Ausgangspunkt, sondern immer Folge. Beispielsweise kann man kann keine Vertrauenskultur machen. Man kann sie nur beobachten, wenn sie sich eingestellt hat.

Der „Kultur-Schatten“ zeigt, wie es um die Organisation steht. Nicht andersherum. Die Unternehmenskultur ist ein passives, nicht gestaltbares Ergebnis. Nicht die gestaltbare Voraussetzung bestimmter Zielzustände.

Das Bestechende der Analogie:

  • Sie zeigt sehr anschaulich, dass es sich bei der populären Chronologie von Einflussnahme und Kultur um ein riesiges Missverständnis handelt. Kultur ist – wie ein Schatten – nie Ausgangspunkt für Erfolg oder Misserfolg einer Organisation, sondern immer nur Konsequenz.

Die Schwäche der Analogie:

  • Wenn man ein bisschen weiter denkt – an die beliebten Schattenspiele – dann suggeriert diese Analogie möglicherweise eine gewisse Gestaltbarkeit: Man muss die Hände nur in einem ganz bestimmten Winkel zur Sonne halten und die Finger ein bisschen verbiegen, schon hab ich einen wunderbaren Vogel an der Wand. Und so könnte man auf die Idee kommen, man müsse nur an einigen Schrauben im Unternehmen drehen und – zack – könne man willentlich eine bestimmte Kultur herbeiführen. Das ist aber mitnichten der Fall. Zudem wäre es der falsche Ausgangspunkt. Denn die Kultur ist nie das Problem. Jedes Unternehmen hat die Kultur, die es verdient.
  • Sie gibt einen wichtigen Aspekt, nämlich den Zusammenhang zwischen Mensch und System, nicht wieder.

Ich bin ein großer Fan solcher Analogien! Wie steht es mit Dir? Helfen sie Dir auch – oder gerade nicht?

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Hallo Zusammen!
Sehr interessante Analogie zum Thema Unternehmenskultur. Demnach würden sowohl Unternehmenskultur als auch Unternehmensprofit beide gleichermaßen als missverstandene, ungestaltbare Unternehmensziele in einer Fehlbesetzung ihr Dasein fristen? Ein gewagter Gedanke, den ich gerne weiter wirken lasse. Da schließt sich der Kreis: Wie oft werden von uns Menschen Ziel und Zweck mit Konsequenz bzw. Folge verwechselt? Da täten wir gut daran, uns diese Frage in ALLEN Teilbereichen unseres Lebens einmal genauer anzuschauen.
Wunderbarer Denkanstoß: Danke dafür! Gutes Gelingen weiterhin und herzliche Grüße, Ute

Danke für Deinen treffenden Kommentar und das Feedback, Ute.

Klasse Artikel! Danke für den kleinen Denkanstoß in deiner Denkpause ;-))

Hi zusammen,

danke für den tollen Aufruf und Denkanstoß!

Hier noch einmal unsere Analogie, die mit Straßen, Führerscheinen und vor allem Menschen zu tun hat 😉

http://blog.comspace.de/know-how/unternehmenskultur-ist-wie-unser-versuch-einer-analogie/

[…] Mark Poppenborg, „Was ist Unternehmenskultur?„ […]

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